Selbst ein eBook erstellen: Amazon Kindle

Seit April dieses Jahres führt Amazon seinen Kindle eBook Shop in Deutschland – und hat zeitgleich das Kindle Direct Publishing Portal für deutsche Autoren geöffnet. Amazon, der in USA geschätzte 70 % Marktanteil an eBooks hält, plant für Herbst den neuen Kindle, von dem lt. Amazon Wunderdinge zu erwarten sind. Zeit, sich die Option anzusehen, ein Buch selbst auf Amazon zu veröffentlichen.

Was ist der Vorteil, vorbei an allen Dienstleistern wie epubli, BOD, lulu oder smashwords zu publizieren? Keine Vertragsbindung, keine Abgabe von Tantiemen, keine Rechteabgabe – man bleibt sein eigene Autor bzw Herr. Dafür veröffentlicht man nur bei Amazon. Da ist „nur“ allerdings eine kleine Untertreibung …

Bei Apple ließe sich genau so verfahren, nur gibt es einen vergleichbaren Zugang für deutsche Autoren nicht. Dafür kann auch ein iPad Leser über die Kindle App und den Webbrowser sehr bequem bei Amazon shoppen (tatsächlich gibt es dort tausende deutsche Gratis-Klassiker, mehr als im iBook Store).

Wer schon mal bei Amazon gekauft hat, hat ihn: den Account. Sonst ist er schnell angelegt und schon befindet man sich im Direct Publishing Portal. Die erste und wichtigste Nachricht: Ihr eBook braucht bei Amazon keine ISBN. Amazon bringt seine eigene Artikelnummer mit, und da Ihr Buch ja nicht vom Buchhändler um die Ecke gefunden werden muss, können Sie auf diese 80,- € teure Nummer verzichten. ISBN ist keine Pflicht!

Das Buch selbst kann bei Amazon direkt als „PRC“ Datei hochgeladen werden; zur Bearbeitung mit Word und zur Konvertierung der Daten liefert Amazon erschöpfende Hinweise. Wichtig ist auf jeden Fall, dass Sie einen Titel wählen, der nicht ähnlich oder gleichlautend mit einem bestehenden Titel ist und dass Sie im Buch nur selbst erstellten Text und Bilder aus Ihrem Besitz ablegen. Ob Sie mit Ihrem eigenen Namen oder mit einem Pseudonym auftreten, bleibt Ihnen überlassen.

Zur Preisfestlegung bietet Amazon ein komplexes System: für Bücher unter 2,60 € gibt es allgemein nur 35 % Ausschüttung. Bücher, die mehr als 3 MB Umfang haben (die Bibel hat nach meiner Erinnerung unter einem Megabyte) ebenfalls nur 35 Prozent. Bücher, die „im wesentlichen gemeinfreien Inhalt“ haben (etwa eine bearbeitete Neuausgabe von Goethes Werken) werden ebenfalls mit maximal 35 Prozent vergütet.

Siebzig Prozent des Nettoverkaufspreises schüttet Amazon nur bei Buchpreisen zwischen 2,60 € und 8,69 € (exkl. USt) aus. Will heißen: Amazon möchte seine eBook-Preise in genau diesem Preisfenster halten. Besteht ein Autor oder Verlag auf einem höheren Preis, darf er das, bekommt aber weniger Tantieme ab. Diese „70%-Lizenzgebühr-Option“ gilt nur bei Verkäufen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Vereinigte Staaten, UK und Kanada. Falls ein Italiener Ihr Buch kauft, gibt es also zur Zeit nur 35 %.

Amazon zieht ebenfalls 12 Cent pro Megabyte als „Vertriebskosten“ ab. Das hängt mit einer Kindlefunktion zusammen: das Gerät ist stets über UMTS mit Amazon verbunden – ohne Kosten für den Besitzer – und der Autor hat für die Übermittlungskosten seines Buches mitzuzahlen.

Gute Nachrichten gibt es zum Mehrwertsteuersatz, der in Deutschland für eBooks ja die vollen 19 % beträgt. Da Amazon in Luxemburg sitzt, wird der dort derzeit gültige Steuersatz von 15 % angesetzt, was den oben genannten Preis von 8,69 € erklärt: plus 15 Prozent ergibt das den bei Amazon sehr beliebten Preis von 9,99 €.

Bei diesem Beispiel bekommt der Autor also eine Ausschüttung von 5,66 € (Meine Rechnung: 9,99 abzügl. 15 % Mehrwertsteuer abzügl. Lieferkosten von zB 6 Cent, davon 70 Prozent).

Amazon zahlt „etwa 60 Tage“ nach Verkauf des Buches in Euro direkt auf das angegebenen Konto aus. Es sollten aber mindestens 100 € zusammengekommen sein, sonst verschiebt sich die Auszahlung. Am Jahresende wird auf jeden Fall ausgezahlt. Wird Ihr Buch in einem Land verkauft, das keine Steuervereinbarung mit Deutschland hat (etwa die USA), wird ein willkürlich festgelegter Einkommenssteuersatz von 30 % angelegt. Für Verkäufe in der EU und Deutschland gelten die deutschen Steuergesetze.

Kundenfreundlich bietet Amazon seinen Lesern auch für Kindle eBooks eine Rückgabefrist von einer Woche. Das bedeutet für den Autor, dass nicht jedes verkaufte Exemplar im Amazon Report auch tatsächlich verkauft bleibt.

Für Autoren mit Wohnsitz in Deutschland gilt nebenher das Preisbindungsgesetz, das zum „Schutz des Kulturgutes Buch“ jede Preisjongliererei verbietet. Ist der Preis einmal festgesetzt, darf er nicht mehr verändert werden. Ausnahmen gibt es nur für „Ausverkauf“ (der bei eBooks ja physisch kaum stattfinden kann) und für „Neue Editionen“, die sich allerdings vom Originalbuch deutlich unterscheiden müssen.

Preismarketing, wie es US-Indie-Autoren erfolgreich vormachen, ist also erst mal ausgeschlossen: schade, denn wenn man sein Buch für 9,99 reingestellt hat, muss es auf diesem Niveau stehen bleiben, Rabattaktionen sind hierzulande bei Büchern untersagt.

Bleibt noch die Frage nach der Deutschen Nationalbibliothek: wer ein Print Buch verlegt und keine Exemplare dorthin zur Archivierung schickt, riskiert 10.000,- € Strafe. Da das von Amazon verwendete PRC Format zur Zeit bei der DNB aus „technischen Gründen“ nicht angenommen werden kann, verzichtet man vorerst auf eine Ablieferungspflicht für Kindle eBook – Autoren. Liegt das Werk auch als ePub-Format vor, darf man es freiwillig bei der DNB einreichen.

Was darf sich ein Autor an Verkäufen erwarten? Ein Blick in das Amazon Forum für Autoren zeigt, dass auch schon mal 25 Exemplare im Monat als Erfolg gewertet werden. Hier stellt sich die Jahrtausendfrage für Autoren: schreibe ich, was mir gefällt? Oder schreibe ich für ein bestimmtes Publikum, das aus frühen Kindlekäufern und iPad Maniacs besteht? Das ist, um es mit Fontane zu sagen, „ein weites Feld“.

Zur Zeit (1.9.2011) steht in den Top 3 der „beliebten eBooks“ das „Inoffizielle Kindle Handbuch“ (2,99 €) an erster Stelle, dann folgen „Grimms Märchen“ (0,99 €) und Roches „Schoßgebete“ (12,99 €). Ein schönes Dreigespann aus Indie-Book, wiederverwertetem Gemeingut und einem Bestseller aus offiziellem Verlagsprogramm. Das Beispiel zeigt: die Verlage müssen sich einer völlig neuen Konkurrenz stellen!

Links: Kindle Publishing Portal, Deutsche Nationalbibliothek

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3 Kommentare

  1. Ich möchte ergänzend die Information hinterlassen, dass man über den Dienstleister XinXii seine eBooks verkaufen und zusätzlich auf Amazon und ibookstore anbieten lassen kann. Die Konvertierung in epub und mobi ist bei XinXii für ebooks mit ISBN kostenlos.

    https://www.xinxii.de

  2. Ich wollte mal fragen, wie das ausgezahlte Geld dann steuerlich zu behandeln ist. Man hat ja letztendlich kein Unternehmen angemeldet, mit dem man eine Gewerbesteuer abführt. Werden Verkaufserlöse dann ganz normal aufs Einkommen angerechnet, was ich dann bei der Steuererklärung angeben muss?

    • Da gibt es einen Extrabogen bei der Steuererklärung für Nebenerwerbe, den man ausfüllen muss. Ich rate: einfach beim Finanzamt anrufen, sich als „Kunde“ melden und fragen, wie die das haben wollen. Wenn der Fiskus Euros wittert, ist er immer ganz freundlich und mitteilungsbereit …

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