Das Berliner Verleger – Manifest: Die Rettung der Verlage?

Im „Annual Report on American Journalism 2011“ wurde der Finger schon auf die Wunde gelegt: die entscheidende Herausforderung für das Geschäft der Verleger mit Zeitungen und Zeitschriften liegt im digitalen Bereich – und hier hat die Nachrichtenindustrie die Kontrolle über ihre eigene Zukunft bereits verloren.

Das digitale Anzeigengeschäft haben die Verlage an Vermittler abgegeben, die Verbreitung ihrer Produkte an Aggregatoren wie Google und Facebook. Und jetzt, wo endlich die Tablet – Computer auf den Markt kommen, auf denen tatsächlich Zeitschriften gelesen werden könnten, müssen die Verleger die Vorgaben der Hersteller wie etwa Apple (iPad), Google (Android) oder Amazon (Kindle) befolgen. Diese neuen globalen Aggregatoren, Verteiler und Entwickler greifen sich ungeniert unverhandelbare Provisionen und vermarkten die Inhalte der Verlage nach eigenen Regeln.

In 2010 haben laut dem „Annual Report of American Journalism“ zum ersten mal mehr Menschen Nachrichten im Web gelesen als über Papierzeitschriften. Das führt letztendlich zu noch dünner besetzten Redaktionen, zu mehr freischaffenden Bloggern und einer dezentralen Nachrichtenorganisation, die mehr und mehr Bereiche unserer Umwelt redaktionell nicht mehr abdeckt.

Da hilft tatsächlich nur noch ein Manifest:

Der Europäische Zeitschriftenschriftenverlegerverband FAEP und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger VDZ veröffentlichten am 18. März 2011 die „Berliner Erklärung“.

Die Verleger rufen die nationale und europäische Politik auf, folgende fünf Bedingungen zu unterstützen:

1. Der Erhalt der existierenden Pressefreiheit ist das Minimum jeder vernünftigen Medienpolitik
2. Faire Rahmenbedingungen für innovative Geschäftsmodelle im digitalen Zeitalter
3. Ein effektiver Urheberrechtsschutz als Grundlage einer lebendigen Presse
4. Reduzierte Mehrwertsteuer für die digitale Presse wie für die Printpresse
5. Gerechte Bedingungen und Transparenz in der Digitalen Welt

Die Verleger wollen jegliche Einschränkung in der Verteilung von Nachrichten und der Werbevermarktung im digitalen Bereich gesetzlich verboten sehen: Eine „Lex Apple“, die dem US Unternehmen irgendwie untersagt, Provisionen für die Vermittlung von Abonnenten zu verlangen und gleichzeitig den App Store für jede denkbare Verlags App öffnet, dürfte allerdings schwer umzusetzen sein. Apple hat schon mit „The Daily“ bewiesen, dass die eherne Front der Verleger manchmal ziemlich brüchig ist.

Der neue „Presse Urheberschutz“ soll jeglichen Abruf von Nachrichtenseiten der Verlage für Wirtschaftsunternehmen kostenpflichtig machen. Das soll Google treffen, hat aber beim Bundesverband der Industrie BDI lautstarke Gegenwehr erzeugt, da weniger Google, als vielmehr tausende Unternehmen und Selbstständige davon betroffen wären – bisher waren das auch willkommene Leser von Presseprodukten…

Eine reduzierte oder gar Null – Mehrwertsteuer für digitale Ausgaben von Zeitschriften und Magazinen aber dürfte den europäischen Finanzministern angesichts ihrer klammen Kassen am allerwenigsten gefallen.

Quellen: State of the News Media 2011, BDI, Berlin Declaration

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